Sanierter Klassiker in den Kalkkögel.

Der Gebhardtweg am Steingrubenkogel

Der Innsbrucker Bergführer Bezi Freinademetz klettert seit vielen Jahren in den Kalkkögel. Auch wenn anderswo festerer Fels zu finden ist, bleiben für ihn diese schwer erklärbare Leidenschaft und Begeisterung für die größtenteils äußerst alpinen Kletterrouten im malerischen Senderstal. Der Gebhardtweg am Steingrubenkogel ist eine der schönsten leichteren Touren des Gebiets und gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Kletterpartner Christian "Chicco" Lüth, klettert er nach "einer Ewigkeit" diese Route erneut - dieses Mal mit Bohrhaken und beinahe schon im Plaisirstil. Beinahe :-)

20. Juni 2023

Der Juni beschert uns in diesem Jahr einige sehr heiße Tage. Nichts besser, als in den immerkühlen Nord- und Westwänden der Kalkkögel herumzusteigen. Ein besonders schöner Teil dieser Wände ist die Westwand des Steingrubenkogels. Durch sie führen mehrere Routen in mittleren Schwierigkeitsgraden, der Gebhardtweg verlangt den vierten Grad - wobei man fairer Weise sagen muss, dass Klettern in den Kalkkögel schon speziell ist und man die Schwierigkeiten im Vorstieg souverän beherrschen sollte, um nicht an persönliche, moralische Grenzen zu stoßen.

Schauen wir uns die Route genauer an:

Im rechten Teil der Westwand des Steingrubenkogels führt der Gebhardtweg zum Gipfelaufbau. Quelle: bergsteigen.com
Topo aus dem 1992 erschienenen Kletterführer von Andreas Orgler. Nr. 5 ist der Gebhardtweg. Literaturvermerk am Ende des Artikels.

Über eine Forststraße erreicht man die bewirtschaftete und mit landwirtschaftlichem Nutzvieh bestoßene Kemater Alm. Die Fahrt entlang des munter gurgelnden Bachs ins Senderstal ist spannend und schön, denn je höher man gelangt, umso mehr lugen kühne Felstürme und -wände hervor. Von der Kemater Alm führt ein Hüttenweg weiter zur Adolf-Pichler-Hütte. Bezi und Chicco benützen E-Mountainbikes uns genießen den Frühling am Fuß der schroffen Kalkberge.

"Gelb blühend, der Berg-Hahnenfuß (lat.:Ranunculus montanus) – recht häufig" (Ch. Lüth)
"Blau blühend, der Kalk-Glocken-Enzian (lat.:Gentiana clusii) – Anm.: wie alle Enzian-Arten wird auch dieser nach Tiroler Naturschutzverordnung (TNSchV 2006, Anlage 3) als teilweise geschützt geführt: d.h. man darf nur einzelne oberirdische Pflanzenteile entnehmen, nicht aber ausgraben etc. – also einfach am besten vor Ort bewundern. Rosalila blühend: Mehl-Primel (lat.:Primula farinosa) – wie der Enzian unter Anlage 3 TNSchV 2006 als teilweise geschützt geführt." (Ch. Lüth)
Adolf-Pichler-Hütte (1.977 m).
Zu den geringen Zustiegsmühen kommt noch die Möglichkeit eines Cappuccino!

Der Zustieg von der "Pichlerhütte" zum Wandfuß ist kurz. Erst dem Weg zur Alpenklubscharte bis zum Hochtennbodensteig folgen, auf diesem dann bis direkt unter die Wand.

Zustieg am Hochtennbodensteig.
Den Einstieg "markiert" dieser Haken. Scherz. Jedenfalls hat dieser Haken seine Dienste geleistet.

Der 1915 erstbegangene Gebhardtweg weist eine lupenreine Linienführung auf. Wie nahezu jede Tour aus dieser Zeit, haben die Erstbegeher primär "logische" Linien gesucht, die absicherbar erschienen und dem Kletterniveau der Zeit entsprachen. Man wundert sich manchmal als Wiederholer, mit wieviel Geschick und Können damals agiert wurde - sei's beim Finden der Durchstiegsmöglichkeit oder beim Schlagen der Haken.

In der ersten, mit Bohrhaken sanierten, Seillänge (UIAA III-IV).
"Neben dem Doppelseil, Aurikel oder Platenigel (lat.:Primula auricula) – ebenso TNSchV 2006 Anlage 3 – tlw. geschützt." (Ch. Lüth)
Auf einem für die Kalkkögel typischen Fesband.
Blick zu Riepenwand, Seejöchl und Gamskogel.
Der erste Wandteil ist gemeistert. Chicco auf einem breiten Schotterband mit Blick über das Senderstal. Ganz hinten, das Wetterstein mit Zugspitze.
Auf den Bändern liegt einiges an Geröll.
Buddies.
Eher ungewöhnlich - ein Bohrhakenstand in den Kalkkögel.
Wenn schon mit Bergschuhen, dann gut geschnürt.
Spreizen, Klemmen, Stemmen. Die Verschneidungen und Kamine sollten nicht unterschätzt werden.
Ausstieg aus dem Kamin in der vierten Seillänge.
"Es ist nicht die Frage, wie schwer ist die Tour, sondern wie quer ist sie." (R. Purtscheller)
Wegbegleiter und Indikator.
Spektakuläre Seillänge im Mittelteil.
Am großen Band nach der Hauptwand.
Rampenkletterei im vierten Grad.
"Hmmm."
Am Vorgipfel des Steingrubenkogel.
Ein Quergang über ein Band führt näher zum Gipfelaufbau.
Suchbild: Wieviele Haken sind zu sehen?
Blick über den RAC Turm zu Ochsen- und Riepenwand.
Der RAC Turm steht ikonisch für eine Reihe weiterer, bizarrer Felsformationen in den Kalkkögel.
Kurz vor dem Ausstieg (UIAA III-IV).
Die letzte Seillänge im dritten bis vierten Schwierigkeitsgrad.
Ankunft am 2.633 m hohen Steingrubenkogel.
Blick in den Schlicker Kessel, ins Vordere Stubai und zu den Tuxer Alpen.

Vom Gipfel steigt man über einen schönen Klettersteig zur Alpenklubscharte ab. Auch dieser entspricht den "Kögel" und verlangt Trittsicherheit und sicheres Gehen auch abseits der Stahlseile.

Blick vom Abstiegsweg nach Westen. Hier gibt's einige schöne Überraschungen.
Klettersteig Steingrubenkogel. Ganz hinten, die Tribulaune. Rechts, die Große Ochsenwand - auf die übrigens auch ein sehr schöner Klettersteig führt.

Nach erfolgreicher Klettertour darf man sich auf der Adolf-Pichler-Hütte in das exklusive Tourenbuch der Kletter:innen eintragen, ein Buch das äußerst spannend zum Durchblättern ist, vor allem dann, wenn man die ein oder andere der dort aufscheinenden Personen kennt. An diesem herrlichen Sonntag waren Bezi und Chicco die einzigen Kletterer im gesamten Massiv, was die Besonderheit des Kletterns hier klar deutlich macht.

"Herrlich!" Genuss pur auf der freundlich bewirtschafteten Adolf-Pichler-Hütte.
In schönster (und knieschonender) Manier talwärts.
Vorbei an der Kemater Alm geht's das Senderstal hinaus. Ein schöner Klettertag geht zu Ende.

Wir schließen mit Bezi's Fazit: "Eine herrliche Kögltour, bei der aufgrund der Bohrhaken fast schon Plaisirfeeling aufkommt. Die Felsqualität ist dank ausgezeichneter Routenführung gut, und überhaupt sollte man gleich mehrere Klettertage auf der Adolf-Pichler-Hütte verbringen und dort genießen."

Bilder: Bezi Freinademetz & Christian Lüth
Textbeiträge und Zitate: Bezi Freinademetz & Christian Lüth

Danke Bezi! #noshortcuts
Danke Chicco! Besonders auch für deine Fachkommentare zur alpinen Flora.

Falls Sie Lust bekommen haben, die stillen Routen der Kalkkögel zu klettern, kontaktieren Sie uns. Die Kalkkögel sind für uns Heimat, und wir sind jedesmal selbst begeistert, sie im Rahmen einer Klettertour zu erleben.

Literatur:

Andreas Orgler
"Klettern in den Stubaier Alpen und im Valsertalkessel, Fels & Eis"
Panico 1992
ISBN 3-926807-21-0

Bild Verfasser

Verfasst von

Matthias Knaus

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