21. August 2023
Der Normalweg der Großen Glättespitze aus dem Stubai führt über die Innsbrucker Hütte. Dorthin gelangt man seit bereits einiger Zeit auch mit dem eMountainbike, denn ein fahrbarer Weg führt von der Karalm im hintersten Pinnistal hinauf zur Hütte am Pinnisjoch. Auch von der Laponesalm ist ein Zustieg möglich - jedoch ein sehr steiler und teilweise wegloser. Die Innsbrucker Hütte ist ein toller Stützpunkt für mehrere Touren und besonders die Kombination aus dem Ilmspitzen Klettersteig und der Habichtbesteigung ist eine sehr lohnende für etwa ein Wochenende.
Von der Innsbrucker Hütte folgt man dem Stubaier Höhenweg Richtung Bremer Hütte. Auf den Wegschildern ist sogar die Glättespitze angeschrieben - nur wenige werden sie als Ziel haben. Ein erstes, kleines Joch über dem Alfaier See wird überschritten und jenseits führt der Weg noch ein kurzes Stück Richtung SW, bis zur Abzweigung der Anstiegsroute vom Stubaier Höhenweg auf etwa 2.500 m Seehöhe. Ein kleines Schild markiert den Punkt und ab diesem sind nur noch einige rote Markierungspunkte vorhanden, die mit entsprechendem Spürsinn reichen, um den Weg auszumachen. Trotz der Markierungen kann man behaupten, dass man hier den Begriff "markierter (Wander-)weg" nicht missverstehen sollte :-)
Hat man etwa die 2.800-Meter-Marke erreicht, wird das Gelände kurz flacher. Man blickt nach oben und sieht rechts den Habicht, gerade vor einem den SW-Grat des des Habicht, der links zur Äußeren Glättenieder abfällt, und von dieser noch weiter links steht die Große Glättespitze. Es liegt noch etwas Eis des Glätteferners unter den Felsblöcken und das Schmelzwasser gurgelt dahin. Steigeisen benötigt man hier schon lange keine mehr, dafür einen guten Blick für die Routenführung, denn die letzten Meter hinauf zur Äußeren Glättenieder sind steil und aufgrund von Erosion und klimabedingter Permafrostveränderung ständig in Veränderung. Der direkte Weg hinauf zum Grat ist mehr Kletterei als Steigen - Kletterei im brüchigen Zweiergelände. Etwas linksausholend geht's weniger technisch zur Sache, doch besonders die letzte Querung zum Grat ist unangenehm und erfordert gute Trittsicherheit und umsichtiges Fortbewegen. Am Grat angekommen, eröffnet sich einem der Blick ins Stubai. Über das Tal hinweg erkennt man die Alpeiner Berge und den Stubaier Hauptkamm.
Der letzte Teil der Route verläuft über den Nordgrat. Die Felsqualität ist eher bescheiden, man sollte behutsam abwägen, worauf man steigt und woran man sich festhält. Klassisches Bergsteigen ist angesagt und nur wer sich dabei absolut wohlfühlt, kann die leichte Kletterei genießen. Nach ca. 150 Höhenmetern ist der höchste Punkt erreicht. Man erlebt das Ganze gleich noch einmal, denn der Abstieg führt über denselben Weg wie der Aufstieg. Am besten, man lässt sich runterwärts Zeit und pausiert in einer ausgewählten Bergwiese neben den dort ab und zu verweilenden Schafen, um dort die Seele für ein Weilchen baumeln zu lassen.
Die Große Glättespitze ist mit ihren 3.133 Metern bestimmt kein Publikumsmagnet. Sie weist zu herben Charakter auf, um sie breitentauglich zu vermarkten und in das Programm eines Bergführerbüros aufzunehmen. Doch sie ist auch schön und bietet dem viel, der bereit ist Mühen in Kauf zu nehmen, sich auf den "weglosen Weg" zu begeben, der in viel Geröll und über so manch brüchige Felspassage nach oben, bis zum abgelegenen Gipfel führt. Wir mögen solche Touren :-) Sind Sie auch so jemand? Und wo ist eigentlich die Kleine Glättespitze?
Stubaier Bergführer GesbR